Der Energieausweis für Nichtwohngebäude ist ein amtliches Dokument, das die energetische Qualität gewerblicher oder öffentlich genutzter Immobilien transparent darstellt. Er dient gleichermaßen als Informations- und Steuerungsinstrument, um den Energiebedarf eines Gebäudes vergleichbar zu machen und damit Anreize für Modernisierungen zu setzen. Rechtsgrundlage ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das seit 1. November 2020 in Deutschland die alte Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) abgelöst hat​. Das GEG setzt die europäische Gebäuderichtlinie um und schreibt vor, dass bei Neubauten, umfassenden Sanierungen sowie beim Verkauf, der Neuvermietung oder -verpachtung von Nichtwohngebäuden ein Energieausweis erstellt und übergeben werden muss​. Damit soll der Energieverbrauch für potenzielle Mieter, Käufer oder öffentliche Interessenten einschätzbar werden und Eigentümer gezielt zu energetischen Verbesserungen motiviert werden.

Ziel und Funktion: Der Ausweis gibt Auskunft über den Endenergiebedarf bzw. -verbrauch und den Jahres-Primärenergiebedarf des Gebäudes, sowie über den Anteil erneuerbarer Energien und optional über den CO₂-Ausstoß. Dabei werden alle wesentlichen Endenergieträger (Heizung, Warmwasser, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung) betrachtet. Für Nichtwohngebäude ist insbesondere der Stromverbrauch für Beleuchtung, Klimatisierung oder Geräteanteile von Bedeutung.

Die ausgewiesenen Kennwerte basieren auf genormten Randbedingungen und spiegeln damit die energetische Effizienz des Gebäudes wider – sie erlauben jedoch keinen direkten Rückschluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch im konkreten Betrieb​. Die Ausweise klassifizieren Gebäude oft in Effizienzklassen (z.B. A+ bis H) und enthalten Modernisierungsempfehlungen (Sanierungstipps) nach § 84 GEG. Pflichtbestandteile sind u.a. Angaben zu Baujahr, Nutzfläche, Energieträgern und erneuerbaren Energien​.

Abgrenzung Wohngebäude vs. Nichtwohngebäude

Nichtwohngebäude (gewerbliche, öffentliche oder gemischt genutzte Gebäude) unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von Wohngebäuden:

Pflichten zur Ausstellung des Gewerbe Energieausweises

Nach GEG ist bei jeder Neuvermietung, Neuverpachtung oder jedem Verkauf bzw. Leasings eines Nichtwohngebäudes ein gültiger Energieausweis vorzulegen​. Dabei muss er dem Vertragspartner bei Besichtigung ausgehändigt bzw. spätestens im Übergabeprotokoll dokumentiert werden. Diese Pflicht gilt für fast alle Nichtwohngebäude – Ausnahmen gibt es nur in engen Grenzen. Befreit sind etwa Gebäude mit weniger als 50 m² NutzflächeNutzungsdauer unter ca. 4 Monaten pro Jahr oder unter Denkmalschutz​. Ebenso besteht keine Pflicht, wenn das Gebäude abgerissen werden soll oder als Platz/Konstruktion ohne Dach/Kubatur dient.

Aushangpflicht: Zusätzlich zum Übergebungsrecht gibt es eine spezielle Aushangpflicht für öffentlich zugängliche Nichtwohngebäude mit starkem Publikumsverkehr. Behörden, Kommunen und private Betreiber müssen den Ausweis gut sichtbar anbringen, wenn die Nutzfläche bestimmte Schwellen überschreitet. Konkret sind nach § 80 GEG öffentliche Gebäude mit viel Besucherverkehr ab 250 m² betroffen, private Warenhäuser oder Supermärkte usw. ab 500 m²​. In der Praxis reicht es, die Seite mit den Kennwerten (bei Bedarfsausweis Seiten 1–2, bei Verbrauchsausweis Seiten 1 und 3) auszuhängen​. Bei Verletzung der Aushangpflicht drohen Bußgelder.

Wer braucht welchen Ausweis? Nichtwohngebäude verfügen – anders als Wohngebäude – über grundsätzlich freie Wahl zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis. Für Verbrauchsausweise müssen allerdings vollständige Verbrauchsdaten vorliegen: Heiz- und Warmwasserverbrauch der letzten drei Jahre sowie bei Nichtwohngebäuden immer auch der Stromverbrauch (ebenfalls dreijährig)​. Werden diese Verbrauchsdaten nicht durchgängig erbracht oder fehlen sie (beispielsweise bei Neubauten), ist zwingend ein Bedarfsausweis zu erstellen​. Der Bedarfsausweis ermittelt den theoretischen Energiebedarf auf Basis von Gebäudegeometrie und Anlagentechnik (unter genormten Betriebsannahmen), ist aber aufwendiger und teurer in der Erstellung.

Verbrauchsausweis vs. Bedarfsausweis bei Nichtwohngebäuden

Die Wahl des Ausweistyps beeinflusst Datenbasis, Aufwand und Aussagekraft:

Eine Übersicht (schematisch) zeigt wesentliche Unterschiede:

NWG KriteriumNWG VerbrauchsausweisNWG Bedarfsausweis
DatenbasisTatsächlicher Verbrauch (Heizung, Strom) der letzten 3 JahreTechnische Gebäudedaten, Anlagentechnik, Baupläne
BerechnungsmethodeAuswertung realer VerbrauchswerteRechnerische Modellierung (DIN V 18599)
Genauigkeit/AussagekraftStark vom Nutzerverhalten abhängig; reale VerbrauchsdatenNutzerunabhängige, theoretische Bewertung
ErstellungsaufwandEinfacher und schnellerAufwendiger, umfassende Datenaufnahme erforderlich
KostenKostengünstiger, oft im dreistelligen BereichHöhere Kosten, typischerweise im vierstelligen Bereich
Empfohlene AnwendungBei Vorliegen vollständiger und belastbarer Verbrauchsdaten, z. B. regelmäßig genutzte BestandsgebäudeBei Neubauten, größeren Sanierungen oder fehlenden Verbrauchsdaten (z. B. längerer Leerstand)
GEG-PflichtenFreie Wahl, sofern Verbrauchsdaten vollständig sindPflicht für Neubauten, umfassend sanierte Gebäude oder unzureichende Verbrauchsdaten

Datenanforderungen und Berechnungsmethodik für NWG

Für Nichtwohngebäude schreibt das GEG ein einheitliches Berechnungsverfahren vor. Entscheidend ist die Norm DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ (Ausgabe 2018-09). Für den Bedarfsausweis im Bestand (§ 88 GEG) ist nach GEG-Anlage 7 die DIN V 18599 anzuwenden​. Die Berechnung erfolgt im Mehrzonenmodell(die von der DIN 18599 vorgesehene Zonenbildung nach Nutzung, nach technischen Anlagen und Nutzungsprofilen)​. Nur für Neubauten kann gemäß GEG § 32 ggf. das vereinfachte Ein-Zonen-Modell genutzt werden (Einfachverfah-ren bei kleinem Gebäudekörper). Bis Ende 2023 war zudem ein kombinierter Nachweis nach DIN 4108-6 / 4701-10 zulässig​, was aber inzwischen abgelöst ist.

Für Verbrauchsausweise gilt formal keine eigene Bilanzierungsnorm mehr – stattdessen gibt es technische Regeln für Verbrauchskennwerte bei Nichtwohngebäuden​. Praktisch wird hier ein Jahrgangsverbrauch angegeben und auf eine gleichmäßige klimatische Bezugsperiode umgerechnet. Wichtig ist aber: Jeder Verbrauchsausweis muss auch den Stromverbrauch umfassen (seit EnEV 2014 für Nichtwohngebäude Pflicht)​. Es dürfen also lediglich Gebäudezonen mit jeweils einer Heiz- und Strommessung in einem gemeinsamen Verbrauchsausweis zusammengeführt werden.

Bei Bedarfsausweisen wird außerdem der Primärenergiebedarf berechnet – als Maß für die Gesamtenergieeffizienz. Primärenergie umfasst die Endenergie (Heizung, Kühlung, Beleuchtung, WW) plus alle Verluste in Gewinnung und Umwandlung (Vorkette). Ein hoher Primärenergiekennwert bedeutet ein energieineffizientes Gebäude. Der Endenergiekennwert wiederum gibt an, wie viel Energie (kWh/m²·a) dem Gebäude tatsächlich bei Normbedingungen zugeführt werden muss​. Bei Nichtwohngebäuden fließt im Endenergiebedarf die fest installierte Beleuchtung mit ein. Im Energieausweis-Formular für NWG sind beide Kennwerte angegeben: unten im Kennwertfeld (siehe Beispiel, DENA-Ausweis) heißt es: „Jahres-Primärenergiebedarf / Endenergiebedarf“.

Anforderungen an Aussteller und Qualifikation

Die Erstellung eines Energieausweises darf nur durch qualifizierte Fachleute erfolgen. § 88 GEG legt fest, dass grundsätzlich nur bestimmte Berufsgruppen diese Ausweise ausstellen dürfen:

Diese Personen müssen zusätzlich eine fachliche Zusatzqualifikation nachweisen:

Seit der GEG-Novelle 2024 reicht auch der Abschluss der BAFA-Qualifikationsprüfung Energieberatung als Nachweis der Ausstellungsberechtigung​. Das bedeutet: Wer die staatlich anerkannte Ausbildung „Energieberater (BAFA)“ erfolgreich absolviert hat, darf unabhängig von anderen Voraussetzungen Energieausweise ausstellen.

Kurz: Architekten, Ingenieure und Bauhandwerker mit Energie- oder Baukenntnissen sind grundsätzlich ausstellungsberechtigt, sofern sie die in § 88 geforderten bau- und energiespartechnischen Zusatzqualifikationen (Studium, Praxis oder Schulung) erfüllen​. Unerfahrene Privatpersonen oder reine Laien ohne diese Qualifikation dürfen keinen Energieausweis erstellen.

Wichtige Kennwerte: Endenergie, Primärenergie, CO₂, Stromanteil

Der Energieausweis zeigt – neben den Effizienzklassen – numerische Kennwerte, die den energetischen Ist-Zustand abbilden. Die wichtigsten sind:

In der Praxis enthält der Ausweis-Formular (Übersichtsblatt) auf Seite 1 oder 2 eine farbig skaliert Darstellung: links die Einstufung (A+ bis H), rechts die konkreten Energiekennzahlen (Endenergie und Primärenergie). Die Rechenwerte selbst werden im Anlagenteil (Seite 2 oder 3) detailliert ausgewiesen und dort erläutert.

Nutzungsspezifische Unterschiede im Gewerbe

Nichtwohngebäude decken ein weites Spektrum an Nutzungen ab – und jede Nutzung hat eigene Anforderungen an den Energieausweis. In der DIN V 18599 sind daher Nutzungsprofile hinterlegt (Anhang A.1 der Teilnorm 10), die typische Betriebszeiten, Innentemperaturen und interne Lasten festlegen. Beispiele:

Entsprechend werden Räume im Mehrzonenmodell nach Nutzungsart und Technik getrennt bilanziert​. Kleine Nebenzonen (z.B. Personalraum oder Gemeinschaftsraum) können nach der 5%- bzw. 1%-Regel zur Hauptzone hinzugefügt werden, falls sie ähnliche Nutzung aufweisen. Achtung: Speziell „Hotspots“ wie Großküchen (DIN: Profil 14) haben stark abweichende Werte (sehr hohe interne Lasten und Luftwechsel) und dürfen nicht einfach mit Bürozonen zusammengefasst werden.

Insgesamt beeinflussen die Nutzung und Belegung maßgeblich den Energieausweis: Zwei architektonisch identische Gebäude (z.B. Fabrikhalle), die einmal als Lager und einmal als 24‑h-Vertrieb genutzt werden, erhalten sehr unterschiedliche Ausweise. Es ist daher wichtig, bei der Ausweiserstellung Nutzungsänderungen oder Sonderfälle korrekt zu erfassen.

Aushangpflicht bei öffentlichen und gewerblichen Gebäuden

Bereits erwähnt sei noch einmal die Aushangpflicht gesondert für öffentlich genutzte Gebäude und größere Gewerbeobjekte. Seit den EnEV-Vorgaben (und übertragen ins GEG) müssen nicht nur staatliche Einrichtungen, sondern auch privat betriebene Immobilien mit starkem Publikumsverkehr einen Ausweis vorzeigen. Konkret gilt:

Es reicht, entweder die Seite mit der Energieeffizienzskala oder die Kennwerte auszuhängen (bei Bedarfsausweis z.B. Seite 1 und 2). Bei Bedarf kann auch die komplette Aushangsseite gedruckt werden, die speziell für die Auslage vorgesehen ist. Diese Pflichten dienen dem Informations- und Werbezweck: Ein grüner Ausweis kann positiv werben, ein roter zwingt evtl. zu Gegenmaßnahmen. Ein Nicht-Herzeigen ist bußgeldbewehrt.

Typische Fehler, Missverständnisse und Risiken

Bei der Erstellung von Energieausweisen für Nichtwohngebäude treten einige häufige Probleme auf:

Rechtliche Risiken bestehen vor allem in unvollständiger Erfüllung der Ausweispflichten. Ohne gültigen Ausweis beim Verkauf/Vermietung drohen Bußgelder (bis etwa 15.000 € je Objekt). Auch der Aussteller haftet: Wurden falsche Angaben gemacht oder Vorsatz nachgewiesen, können Schadenersatzforderungen folgen. Daher gilt: Sorgfalt ist Pflicht. Eine transparente Dokumentation (Protokoll der Datenrecherche, übergebenen Originaldokumente usw.) schützt sowohl Aussteller als auch Eigentümer.

Einfluss auf Bewertung, Förderfähigkeit und Sanierungsfahrplan

Der Energieausweis hat in der Praxis nicht nur Auskunftsfunktion, sondern kann auch wirtschaftliche Effekte nach sich ziehen:

Insgesamt schärft ein guter Energieausweis das Energiebewusstsein aller Beteiligten und integriert das Objekt in die energiewirtschaftliche Bewertung. Daher ist er heute oft ein notwendiger Baustein in der Immobilienbranche.

Kosten: Spannen und Einflussfaktoren, Online vs. Fachbüro

Die Erstellungskosten für einen Energieausweis Nichtwohngebäude können stark variieren. Sie hängen ab von:

Kostenvergleich: Manche Online-Dienste werben mit äußerst niedrigen Preisen, typischerweise für einfache Verbrauchsausweise​. Diese Angebote eignen sich nur für unkomplizierte Fälle (z.B. ein Büro ohne Sonderanlagen). In der Praxis ist jedoch bei größeren Nichtwohnobjekten mit realistischeren Preisen im hohen dreistelligen bis niedrigen vierstelligen Bereich zu rechnen. Die erwähnte Preisliste zeigt beispielhaft, dass ein komplexer Bedarfsausweis schnell bei mehreren Tausend Euro liegen kann. Letztlich sollte man mehrere Angebote vergleichen und auf Qualifikation und Vollständigkeit achten. Besonders günstige Dumping-Preise sind mit großer Vorsicht zu betrachten, da hier oft wichtige Untersuchungen entfallen​.

Anbietervergleich (nicht abschließend):

(Erwähnt sei, dass für öffentliche Auftraggeber manchmal Rahmenverträge mit Beratern bestehen, über die Festpreise für Ausweiserstellung vereinbart wurden.)

Empfehlung für Eigentümer, Makler und Vermieter

Für alle Beteiligten empfiehlt sich ein frühzeitiges, strukturiertes Vorgehen:

Der Energieausweis für Nichtwohngebäude ist kein Selbstzweck, sondern eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Auch wenn er nur eine Momentaufnahme darstellt, hilft er, Energieflüsse im Gebäude zu erkennen. Für Eigentümer ist der Ausweis zugleich Türöffner für weitergehende Sanierungs- und Fördermaßnahmen. Im Idealfall wird er als Baustein im Gesamtkonzept genutzt: Ein positiver Energieausweis kann den Objektwert steigern, zwingt aber auch, die Energieeffizienz kontinuierlich im Auge zu behalten​. Insgesamt gilt: Sorgfältige Erhebung und Dokumentation der Energiedaten schützen vor rechtlichen Risiken und unterstützen optimale Wirtschaftlichkeit.