In Deutschland regelt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) seit 2020 die Energieausweispflicht. Das GEG fasst frühere Regelwerke (EnEV, EnEG, EEWärmeG) zusammen. Die Vorschriften zur Ausstellung und Vorlage von Energieausweisen finden sich dort im Wesentlichen in den §§ 79–88 GEG. Danach muss grundsätzlich bei jeder Veräußerung, Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes sowie bei bestimmten Baumaßnahmen ein gültiger Energieausweis vorliegen. Entscheidend für die Fragestellung sind hier vor allem:
- Neubau: Jeder Neubau (Wohn- oder Nichtwohngebäude) erfordert zwingend die Erstellung eines Energieausweises.
- Umfangreiche Sanierung: Auch umfassende Sanierungen, bei denen eine energetische Gesamtbilanz für das Gebäude aufgestellt wird, lösen die Pflicht aus. Typische Beispiele sind das Erzielen eines KfW-Effizienzhaus-Standards oder das großflächige Dämmen von Fassade und Dach.
- Sonstige Anlässe: Neben Neubau und Sanierung gelten die Ausweispflichten weiterhin beim Verkauf, der Neuvermietung oder Verpachtung von Gebäuden. Zwar war dies nicht direkt erfragt, hilft aber, die Rahmenbedingungen zu verstehen.
Damit setzt das GEG die Anforderungen der früheren Energieeinsparverordnung fort: Ein Energieausweis dient als Nachweis der energetischen Qualität und muss – etwa bei Immobilienanzeigen oder Besichtigungen – bereitgestellt werden. Verstöße gegen diese Pflichten können mit Bußgeldern bis zu 10.000 € geahndet werden.
Wann genau ist ein Energieausweis verpflichtend?
Neubauten: Unmittelbar nach Fertigstellung eines Neubaus muss ein Energieausweis vorliegen. Das GEG schreibt vor, dass der Bauherr („die bauausführende Partei“) unverzüglich nach der Fertigstellung dafür zu sorgen hat, dass ein Energieausweis erstellt wird. In der Praxis bedeutet dies, dass der Ausweis spätestens zur Bauabnahme bzw. Übergabe an den Bauherrn/Eigentümer fertig sein muss. Neue Gebäude dürfen erst genutzt werden, wenn diese Nachweise erbracht sind.
Umfangreiche Sanierungen: Eine Pflicht zum Energieausweis besteht auch, wenn ein Altbau umfassend energetisch saniert wird. Laut GEG gilt das insbesondere, wenn im Zuge der Sanierung eine gesamte Gebäude-Energiebilanz erstellt wird. Typische Beispiele für eine solche „umfangreiche Sanierung“ sind die energetische Komplettsanierung mit Dämmung von Fassade und Dach, Erneuerung aller Fenster oder die umfangreiche Modernisierung von Heizungs- und Anlagentechnik zum Effizienzhaus-Standard. Wird eine Immobilie etwa mit staatlicher Förderung zum KfW-Effizienzhaus umgebaut, ist stets ein Energieausweis (Bedarfsausweis) verpflichtend, weil das Gesetz hierfür eine Gesamtbilanz des Gebäudes vorschreibt.
Sonstige Fälle: Neben Neubau und Sanierung müssen Energieausweise vorgelegt werden bei Verkauf, Neuvermietung oder Verpachtung eines (beheizten oder klimatisierten) Gebäudes. Zwar war dies nicht explizit nachgefragt, es zeigt jedoch, dass die Pflicht sehr umfassend greift. Für Nichtwohngebäude gelten dieselben Grundregeln wie für Wohnhäuser (siehe unten).
Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
Für Neubauten ist der Bauherr (bzw. Bauherrengemeinschaft/Bauträger) gesetzlich verantwortlich. Er muss dafür sorgen, dass unmittelbar nach Fertigstellung des Gebäudes ein Energieausweis erstellt und dem Eigentümer übergeben wird. Ist der Bauherr nicht gleichzeitig Eigentümer, liegt die Pflicht zur Ausstellung beim Bauherrn, die anschließende Übergabe am Neubau aber beim Eigentümer. Kurz: Bauherr beauftragt den Aussteller, Eigentümer bekommt das Dokument.
Für Sanierungen gilt dasselbe: Wer umfangreiche Modernisierungen plant (z.B. energetische Komplettmodernisierung), muss rechtzeitig einen Experten beauftragen, der das Sanierungsprojekt bilanziert und den Energieausweis erstellt.
Für Verkauf/Vermietung: In den anderen Pflichtfällen sind üblicherweise der Immobilieneigentümer oder bei beauftragter Vermarktung der Makler bzw. Vermieter verantwortlich, einen gültigen Ausweis vorzulegen. Kommt kein Ausweis zustande oder wird er nicht rechtzeitig gezeigt, können dem Eigentümer bzw. Verkäufer (und dem beauftragten Makler) Bußgelder drohen.
Aussteller: Den Energieausweis selbst darf nur ein entsprechend qualifizierter Fachmann ausstellen. Dazu gehören laut GEG zum Beispiel Architekten, Bauingenieure oder einschlägige Handwerksmeister und Techniker mit energiespezifischer Fortbildung. Es gibt eine deutschlandweite Aussteller-Datenbank (etwa bei der Deutschen Energie-Agentur), über die Bauherren oder Eigentümer geeignete Experten finden können.
Zeitpunkt der Ausstellung
Der Energieausweis für einen Neubau muss unmittelbar nach Fertigstellung des Gebäudes ausgestellt werden. Das Gesetz verlangt, dass der Bauherr bis zur Bauabnahme bzw. übergabe keine Zeit verstreichen lässt. In der Praxis sollte der Ausweis also spätestens mit Vorlage aller behördlichen Abnahmen und Unterlagen fertig sein. Nur so ist sichergestellt, dass das Dokument bei Übergabe oder bei Verkaufsprospekten bereits vorliegt.
Bei Sanierungen ist der Zeitpunkt flexibler, da der Ausweis in der Regel erst nach Abschluss der Arbeiten erstellt wird (wenn alle Gebäudedaten bekannt sind). Wichtig ist aber auch hier, dass der Energieausweis spätestens vor der Vermarktung (Verkauf/Vermietung) oder auf Verlangen der Baubehörde vorgelegt wird.
Generell gilt: Ein Energieausweis ist zehn Jahre gültig und muss erst danach erneuert werden – vorausgesetzt, das Gebäude wurde in dieser Zeit nicht durch eine weitere „umfassende Sanierung“ verändert. Wird der Ausweis älter, muss er bei Neuvermietung, -verpachtung oder Verkauf aktualisiert werden.
Definition und Umfang einer „umfangreichen Sanierung“
Das GEG spricht nicht von einer festen Prozentzahl, sondern von einer umfassenden Sanierung mit Gesamtbilanz. Praxisgerecht versteht man darunter größere Modernisierungsvorhaben, die das Gebäude energetisch grundlegend verändern. Beispiele dafür sind etwa:
- Erneuerung und Dachdämmung der gesamten obersten Geschossdecke/-fläche (statt nur Teilflächen).
- Austausch aller Außenfenster (statt nur vereinzelter).
- Vollständige Fassadendämmung (statt nur kleiner Reparaturen).
- Kompletter Austausch der Heiz- und Lüftungstechnik mit Neubemessung.
- Realisierung eines KfW-Effizienzhaus-Standards (§ Gebäudeenergiegesetz fordert bei Effizienzhäusern stets Gesamtbilanz).
Wichtig: Nicht jede Modernisierung löst automatisch die Pflicht aus. Kleine Teilmaßnahmen (etwa nur der Austausch einer Heizung oder Teilflächen-Dämmung) gelten meist nicht als „umfangreiche“ Sanierung. Erst wenn – im Sinne einer Energiebilanz– Gesamtberechnung für das Gebäude anfällt, wird ein Energieausweis verlangt. Bauherren sollten im Zweifelsfall Energieberater hinzuziehen: Erstellen sie ein energetisches Sanierungskonzept, das alle wichtigen Bauteile einbezieht, muss anschließend auch der Energieausweis vorliegen.
Ausweisart: Bedarfsausweis oder Verbrauchsausweis?
Das GEG kennt zwei Ausweisarten: den Energiebedarfsausweis (berechnet den energetischen Sollwert) und den Energieverbrauchsausweis (zeigt Ist-Verbrauchswerte). Die Zulässigkeit hängt vom Gebäudetyp und Anlass ab:
- Neubauten und umfangreiche Sanierungen: Hier ist immer nur der Bedarfsausweis zulässig. Bei einem Neubau können schlicht keine Vorjahresverbräuche vorliegen, daher darf nur rechnerisch bilanziert werden. Gleiches gilt, wenn bei einer Altbausanierung alle Aspekte rechnerisch ermittelt werden: Der Gesetzgeber schreibt hier einen Bedarfsausweis vor.
- Bestehende Wohngebäude (Verkauf/Vermietung): Grundsätzlich besteht Wahlfreiheit zwischen Bedarf und Verbrauchsausweis, mit Ausnahmen. Für Wohnhäuser mit bis zu 4 Wohneinheiten, deren Bauantrag vor dem 1.11.1977 lag (und die nach WärmeschutzV. 1977 nicht saniert wurden), ist nur der Bedarfsausweis zulässig. Liegen die Baupläne ab 1977 vor oder entsprachen ältere Häuser nachträglich den 1977er-Standards, darf sich der Eigentümer für eine Variante entscheiden.
- Förderung: Wenn ein Energieausweis für Förderzwecke (z.B. KfW, BAFA) benötigt wird, ist in der Regel immer der Bedarfsausweis gefordert. Das gilt zum Beispiel beim KfW-Effizienzhaus-Nachweis (→ Pflichtbedingung Gesamtbilanz).
- Nichtwohngebäude: Für gewerbliche und öffentliche Gebäude gelten ähnliche Regeln: Bei Verkauf oder Neuvermietung kann grundsätzlich zwischen Bedarf und Verbrauch gewählt werden. Bei Neubau oder umfassender Modernisierung eines Nichtwohngebäudes schreibt das GEG jedoch ebenfalls ausschließlich den Bedarfsausweis vor.
Zusammenfassend ist also der Bedarfsausweis bei allen Neubauten und Energiesanierungen verpflichtend. Nur bei bestandsorientierten Maßnahmen (kleinere Modernisierungen) und bei existierenden Wohngebäuden steht oft ein Verbrauchsausweis zur Wahl, sofern die Verbrauchsdaten lückenlos vorliegen und keine Pflicht zur rechnerischen Berechnung besteht.
Folgen: Was passiert, wenn kein Energieausweis erstellt wird?
Die Nichtbeachtung der Energieausweispflicht ist bußgeldbewehrt. Laut GEG § 108 (AnzGA) drohen bei Verstößen Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bis zu 10.000 €. Das gilt etwa, wenn Eigentümer oder Makler beim Verkauf/Vermietung keinen (gültigen) Energieausweis bereitstellen oder wenn ein Bauherr seinen Neubau abnimmt, ohne je einen Ausweis erstellt zu haben. Auch fehlenden Pflichtangaben in Immobilienanzeigen (z.B. Ausweistyp, Effizienzklasse, Energiewerte) können Bußgelder nach sich ziehen.
Rechtlich kann es in Extremfällen sogar zur Rückabwicklung eines Kauf- oder Mietvertrags führen, wenn der Ausweis vorsätzlich verschwiegen wurde. In der Regel genügt aber ein Bußgeld. Der Aufwand für den Ausweis selbst ist in jedem Fall deutlich geringer als ein möglicher Strafbetrag. Daher empfiehlt es sich dringend, die Pflicht ernst zu nehmen: Erfüllt man seine Sorgfaltspflichten (Beauftragung eines Ausstellers, rechtzeitige Vorlage), lassen sich Sanktionen vermeiden.
Besonderheiten bei Nichtwohngebäuden
Für Nichtwohngebäude (Büros, Arztpraxen, Fabriken etc.) gelten grundsätzlich die gleichen Ausweispflichten wie für Wohngebäude: Energieausweis bei Verkauf/Vermietung und bei Neubau oder umfangreicher Sanierung (dann zwingend als Bedarfsausweis). Hinzu kommt jedoch eine Ausstellungs- und Aushangpflicht in bestimmten Fällen:
- Publikumsverkehr und Aushang: Bei öffentlich zugänglichen Nichtwohngebäuden mit hohem Publikumsverkehr (etwa Krankenhäuser, Kinos, Einkaufszentren) besteht oft eine Verpflichtung, den Energieausweis sichtbar auszuhängen. Konkret müssen öffentliche Einrichtungen über 250 m² bzw. Privateinrichtungen über 500 m² Ausstellungsfläche den Ausweis öffentlich im Eingangsbereich anbringen.
- Berechnungsnorm: Für die Erstellung von Energiebedarfsausweisen bei Nichtwohngebäuden ist die aktuelle DIN V 18599 maßgeblich. Dies regelt, wie Primärenergiebedarf ermittelt und referenzgebäudebezogen verglichen wird. Die erwähnten Besonderheiten (Aushangpflicht, Normen) sind extra für Nichtwohngebäude im GEG verankert und sollten beim Ausstellen bedacht werden.
Aussteller und Inhalt des Energieausweises
Der Energieausweis muss von einem qualifizierten Experten ausgestellt werden (siehe oben). Das Dokument enthält neben Kennzahlen (Endenergie- und Primärenergiebedarf oder -verbrauch in kWh/m²a) eine Energieeffizienzklasse (A+ bis H), eine Grafikskala und Pflichtangaben zum Baujahr, Gebäudetyp, Heizsystem etc. Neue Vorgabe ab GEG ist zudem die Angabe der CO₂-Emissionen je Quadratmeter. Moderne Energieausweise enthalten außerdem Empfehlungen zur energetischen Sanierung (informativ, aber nicht bindend).
Für die Inhalte gilt: Bei der Immobilie (Wohngebäude) müssen im Exposé oder Inserat schon bestimmte Werte genannt werden: Baujahr, Ausweistyp (Bedarf/Verbrauch), Effizienzklasse, Hauptenergieträger und der quantitative Energiekennwert. Achten Sie darauf, diese Pflichtangaben korrekt abzulesen und zu veröffentlichen – fehlende oder fehlerhafte Angaben sind ebenfalls bußgeldbewehrt.
Empfehlungen für Bauherren, Eigentümer und Fachplaner
- Frühzeitig Planen: Klären Sie bereits in der Projekt- oder Planungsphase, wer für den Energieausweis zuständig ist. Binden Sie einen Energieberater oder -sachverständigen rechtzeitig ein (z.B. aus der dena-Expertenliste), damit die Energiekennwerte Ihres Neubaus oder Modernisierungsvorhabens aus EnEV-Berechnungen oder Messdaten ermittelt werden können.
- Nachweise sammeln: Halten Sie alle erforderlichen Daten bereit (Pläne, Dämmwerte, Anlagendaten, Heizprotokolle etc.). So kann der Aussteller das Gebäude präzise erfassen und ein gültiges Ergebnis liefern. Fehlen wichtige Daten, kann der Ausweis ungültig oder fehlerhaft werden.
- Ausweistyp beachten: Beachten Sie die Zulässigkeit von Bedarf- vs. Verbrauchsausweis. Bei Neubau oder kompletter Sanierung ist der Bedarfsausweis Pflicht. Bei Bestandsbauten mit Wahlrecht besprechen Sie mit dem Experten, welche Variante günstiger oder aussagekräftiger ist.
- Integration bei Bauabnahme: Legen Sie dem Architekten oder Generalunternehmer bereits bei der Bauabnahme den Auftrag zum Ausstellen eines Energieausweises nahe. Manchmal ist dies Teil der Schlussunterlagen (zum Beispiel für den Bauantrag oder die Übergabe).
- Vermarktung vorbereiten: Wer plant, ein Gebäude zu verkaufen oder zu vermieten, sollte den Ausweis rechtzeitig beiziehen. So können die verpflichtenden Angaben (s.o.) vorab in Inserate eingepflegt werden und der Ausweis steht bei Besichtigungen sofort zur Verfügung.
- Keine Ausnahmen erzwingen: Versuchen Sie nicht, die Pflicht zu umgehen (z.B. durch Teilunterlagen oder unvollständige Daten). Ein rechtskonformer Energieausweis spart langfristig Probleme und fördert zudem das Vertrauen von Investoren oder Mietinteressenten in die Energieeffizienz Ihres Gebäudes.
- Gebäudestandards beachten: Bei Neubauten gelten derzeit erhöhte Anforderungen (Niedrigstenergiegebäude) sowie strengere GEG-Vorgaben zu erneuerbaren Energien. Halten Sie sich an diese Standards und dokumentieren Sie sie ggf. im Energiebedarfausweis.
Durch gute Planung und Zusammenarbeit mit Fachleuten lässt sich die Energieausweispflicht reibungslos erfüllen. Der Aufwand für einen korrekten Energieausweis amortisiert sich im Idealfall über bessere Marktchancen und Förderzugänge. So sind Bauherren, Eigentümer und Planer auf der sicheren Seite und tragen gleichzeitig zur Energiewende im Gebäudesektor bei.
Quellen: Aktuelle Bestimmungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) sowie Praxisinformationen der KfW, Verbraucherzentralen und Energieberater. Diese Quellen verdeutlichen, wann und wie der Energieausweis bei Neubau oder Sanierung zwingend erstellt werden muss.