Die Beheizungsstruktur im deutschen Wohnungsneubau hat sich in den letzten zehn Jahren erheblich gewandelt. Zwei aktuelle Grafiken des BDEW zeigen, wie sich die Anteile verschiedener Heizsysteme sowohl bei den Bauanträgen als auch bei den Baufertigstellungen entwickelt haben. Die folgende Analyse betrachtet beide Datensätze einzeln und stellt anschließend die wichtigsten Unterschiede heraus.
Baugenehmigungen nach Energieträger der letzten 10 Jahre
Die erste Grafik zeigt die Entwicklung der Heizungssysteme in neu genehmigten Wohngebäuden über die letzten zehn Jahre. Auffällig ist der starke Rückgang von Gas als primäre Heizenergie. Während 2014 noch knapp die Hälfte (49,9 %) der genehmigten Neubauten mit Gasheizungen ausgestattet werden sollten, liegt dieser Anteil in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 nur noch bei 5,3 %.
Parallel dazu hat sich der Anteil der Elektro-Wärmepumpen massiv erhöht. Im Jahr 2014 betrug dieser noch 19,9 %, während er im Jahr 2024 bereits bei 65,4 % liegt. Damit sind Wärmepumpen mittlerweile die dominante Heiztechnologie im Wohnungsneubau. Diese Entwicklung ist vor allem auf politische Vorgaben, steigende CO₂-Preise und technologische Fortschritte bei Wärmepumpen zurückzuführen. Zudem wird der Einbau fossiler Heizsysteme durch staatliche Förderungen für erneuerbare Heizsysteme zunehmend unattraktiv.
Auch Fernwärme hat sich als relevante Alternative etabliert, mit einem relativ stabilen Anteil zwischen 20 % und 26 % über die Jahre. Die Bedeutung von Fernwärme könnte in Zukunft weiter steigen, insbesondere durch die verstärkte Nutzung von Abwärme aus Industrieprozessen und die Integration erneuerbarer Energien in Wärmenetze. Andere Heizsysteme wie Holz/Pellets, Stromdirektheizungen und Solarthermie spielen nur eine untergeordnete Rolle, könnten jedoch in bestimmten Regionen oder bei speziellen Bauprojekten eine größere Bedeutung haben.
Baufertigstellungen nach Energieträger der letzten 10 Jahre
Die zweite Grafik zeigt die Heizsysteme in tatsächlich fertiggestellten Neubauten. Hier zeigt sich ein ähnlicher Trend wie bei den Bauanträgen, allerdings mit zeitlichen Verzögerungen. Gas hatte 2014 einen Anteil von 48,4 % und ist bis 2023 auf 23,4 % gesunken – ein deutlich langsamerer Rückgang als bei den Baugenehmigungen. Dies verdeutlicht, dass genehmigte Gebäude oft erst einige Jahre später fertiggestellt werden, sodass alte Genehmigungen noch fossile Heizsysteme enthalten.
Der Anteil der Elektro-Wärmepumpen steigt ebenfalls stark an, allerdings verzögert. 2014 lag er bei 22,5 %, 2023 bei 42,9 %. Auch hier ist absehbar, dass der Trend weiter nach oben geht, jedoch mit einer Zeitverzögerung gegenüber den Bauanträgen. Besonders bei größeren Wohngebäuden oder Mehrfamilienhäusern erfordert der Wechsel zu Wärmepumpen oft eine umfangreiche Anpassung der Gebäudetechnik, was die Umsetzung verlangsamen kann.
Fernwärme bleibt relativ konstant und weist ähnliche Werte auf wie bei den Baugenehmigungen. Dies zeigt, dass dieses System oft langfristig geplant wird und sich nur langsam an neue Marktbedingungen anpasst. Holzheizungen, Strom und Solarthermie machen weiterhin nur geringe Anteile aus, könnten aber durch neue Förderprogramme oder technologische Entwicklungen zukünftig relevanter werden.
Vergleich und Fazit der verbauten Heizungssysteme im Neubau
Die beiden Grafiken verdeutlichen den Wandel im Wohnungsneubau sehr eindrücklich. Während Wärmepumpen in den Baugenehmigungen mittlerweile mit über 65 % dominieren, liegt ihr Anteil bei den Fertigstellungen noch unter 50 %. Das zeigt, dass der Wandel in der Heiztechnik im Bauprozess einige Jahre benötigt, bis sich neue Technologien in der Praxis vollständig durchsetzen.
Die langsame Abnahme von Gas in den Fertigstellungen ist ein weiteres Beispiel für die Verzögerung zwischen Genehmigung und Realisierung. Während neue Bauanträge fast keine Gasheizungen mehr vorsehen, sind sie in den Fertigstellungen noch immer relevant. Dies ist zum Teil auf lange Bauzeiten, aber auch auf Unsicherheiten in der Bauwirtschaft zurückzuführen. Trotz politischer Förderung erneuerbarer Energien gibt es weiterhin Herausforderungen wie steigende Baukosten, Fachkräftemangel und die Verfügbarkeit passender Heiztechnologien.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Entwicklung der Energiepreise. Während fossile Brennstoffe wie Gas in den vergangenen Jahren teilweise starken Preisschwankungen unterlagen, profitieren Wärmepumpen von einer stabileren Preisentwicklung im Stromsektor. Besonders mit einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien im Strommix könnten Wärmepumpen noch attraktiver werden.
Zudem spielt die Integration von Photovoltaik-Anlagen eine immer wichtigere Rolle im Gebäudesektor. Viele Neubauten werden mittlerweile mit Solaranlagen ausgestattet, um die Eigenstromerzeugung für Wärmepumpen zu optimieren. Dadurch lassen sich nicht nur Betriebskosten senken, sondern auch CO₂-Emissionen reduzieren. Der Trend geht immer stärker in Richtung energieautarke Gebäude, die mit effizienter Technik ihre eigene Wärmeversorgung sichern.
Für die Zukunft ist absehbar, dass Wärmepumpen auch bei den Baufertigstellungen weiter stark zunehmen und Gasheizungen immer weiter zurückgedrängt werden. Die Energiewende im Gebäudesektor ist in vollem Gange und wird sich in den kommenden Jahren weiter beschleunigen. Hierbei spielen sowohl gesetzliche Vorgaben als auch die zunehmende Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Heizsysteme eine entscheidende Rolle. Ebenso könnten zukünftige Entwicklungen bei Wasserstoff und synthetischen Gasen neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Wärmeversorgung eröffnen. Die Daten zeigen jedoch klar, dass sich der Markt bereits jetzt massiv verändert hat und der Fokus klar auf Wärmepumpen und Fernwärme liegt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Umstellung auf erneuerbare Heiztechnologien nicht nur aus klimapolitischen Gründen notwendig ist, sondern auch wirtschaftlich zunehmend vorteilhaft wird. Der Trend ist eindeutig: Der Wohnungsneubau verabschiedet sich von fossilen Energieträgern, und die Zukunft gehört nachhaltigen und effizienten Heizlösungen.
Quellenangabe: BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/entwicklung-beheizungsstruktur-baugenehmigungen/
https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/entwicklung-beheizungsstruktur-baufertigstellungen/