Seit einigen Jahren wird das sogenannte Effizienzhaus durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (kurz BEG) umfassend gefördert. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) spielt dabei eine zentrale Rolle. Diese Förderung gab es zwar bereits früher, aber mit der Einführung des BEG wurde sie erheblich verbessert. Für eine Altbausanierung kann bis zu 75.000 Euro pro Wohneinheit Zuschuss für die höchste Effizienzhausstufe gewährt werden. Das ist eine enorme Summe, und entsprechend groß ist das Interesse an diesen neuen Effizienzprogrammen, die sowohl Bauherren als auch Eigentümer ansprechen.
Dennoch gibt es einige Missverständnisse, die rund um die Förderung von Effizienzhäusern kursieren. Beispielsweise glauben viele, dass es unmöglich sei, einen Altbau so zu modernisieren, dass er als Effizienzhaus eingestuft werden kann. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Kunden, die davon ausgehen, dass jedes Gebäude problemlos die beste und damit höchst geförderte Effizienzhaus-Stufe 40 erreichen kann. Das führt häufig zu Verwirrung. Doch wie sieht die Realität aus? Sind Altbauten tatsächlich ungeeignet für die Umsetzung eines Effizienzhaus-Standards? Oder kann tatsächlich jedes Gebäude, unabhängig von seinem Zustand, zur höchsten Effizienzhausstufe optimiert werden?
Um diese Fragen zu klären, ist es zunächst notwendig zu verstehen, was ein Effizienzhaus überhaupt ist. Lasst uns das Schritt für Schritt betrachten!
Das Prinzip des Effizienzhauses: Löcher in der Wasserflasche schließen
Als Energieberatungsbüro entwickeln wir regelmäßig individuelle Konzepte für Effizienzhäuser – sowohl für Neubauten als auch für Altbauten. Dadurch haben wir Zugriff auf eine große Anzahl von Beispielen, die wir berechnet und analysiert haben. Mit einer gewissen Sicherheit können wir daher sagen: Prinzipiell kann jedes Gebäude, selbst ein Altbau, zu einem Effizienzhaus gemacht werden.
Im Neubau gestaltet sich die Umsetzung jedoch oft einfacher, da hier aktuelle gesetzliche Vorgaben bereits in der Planung berücksichtigt werden. Außerdem gibt es mit dem sogenannten QNG-Siegel eine weitere Zertifizierungsmöglichkeit, die eine zusätzliche Qualitätssicherung bietet. Dieses Siegel ist allerdings eher für größere Budgets gedacht und richtet sich an Bauherren, die über den Standard hinausgehen möchten.
In der Altbausanierung hingegen erfordert die Erreichung eines Effizienzhaus-Standards etwas mehr Aufmerksamkeit und genaue Planung. Doch auch hier gilt: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und der Zeitpunkt für Sanierungsmaßnahmen passend gewählt wird, kann der Effizienzhaus-Standard durchaus erreicht werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus handelt.
Um das Prinzip zu veranschaulichen, nehmen wir einen unsanierten Altbau als Beispiel. Man kann sich ein solches Gebäude wie eine Wasserflasche mit fünf Löchern vorstellen. Diese Löcher repräsentieren die unsanierten Bauteile des Gebäudes:
- Ein ungedämmtes und luftundichtes Dach
- Ungedämmte Außenwände
- Alte, ineffiziente Fenster & Türen
- Einen nicht gedämmten unteren Gebäudeabschluss (zum Beispiel eine Kellerdecke)
- Eine veraltete und ineffiziente Heizungsanlage
Durch diese fünf „Wärmelöcher“ entweicht im Winter kontinuierlich Wärme – ähnlich wie aus einer Wasserflasche mit Löchern stetig Wasser austritt. Um die Flasche voll oder das Haus warm zu halten, muss ständig Wasser nachgegossen oder Heizenergie zugeführt werden.
Sobald man beginnt, einzelne Löcher zu schließen, fließt weniger Wasser aus der Flasche, beziehungsweise der Wärmebedarf des Hauses sinkt. Das ist ein erster Schritt, aber solange noch Löcher offen bleiben, bleibt die Flasche ineffizient – und genauso verhält es sich bei einem Gebäude: Es wird erst dann zu einem Effizienzhaus, wenn alle „Löcher“ geschlossen sind.
Alle Löcher schließen: Der Weg zum Effizienzhaus
Ein Gebäude kann nur dann als Effizienzhaus eingestuft werden, wenn sämtliche Bauteile der sogenannten thermischen Hülle – dazu gehören das Dach, die Wände, die Fenster und der untere Gebäudeabschluss – sowie die Heizungsanlage modernisiert werden. Es reicht nicht aus, einige Maßnahmen besonders gründlich umzusetzen und andere Bereiche zu vernachlässigen. Ein einziges „offenes Loch“ kann die Gesamtbilanz so stark beeinträchtigen, dass das Ziel eines Effizienzhauses nicht erreicht wird.
Falls beispielsweise die Heizungsanlage unverändert bleibt, wird es nahezu unmöglich, den Effizienzhaus-Standard zu erfüllen. Es ist daher besser, an jedem „Loch“ etwas zu tun, als einen Bereich vollständig zu ignorieren.
Eine Ausnahme bildet der untere Gebäudeabschluss: Hier kann unter bestimmten Voraussetzungen eine vorhandene Trittschalldämmung unter dem Estrich oder eine Dämmung im Erdreich ausreichend sein. Dennoch sind in den meisten Fällen umfassendere Maßnahmen notwendig, die häufig auch Lüftungssysteme mit einbeziehen.
Zusammenfassung: Effizienzhaus für alle Gebäude
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass jedes Gebäude zu einem Effizienzhaus werden kann – vorausgesetzt, die richtigen Maßnahmen werden getroffen und konsequent umgesetzt. Besonders bei Altbauten gibt es verschiedene Effizienzhaus-Standards, die unterschiedliche Anforderungen an die energetische Sanierung stellen.
Je höher der Standard und damit die energetischen Anforderungen, desto umfangreicher sind die Maßnahmen, aber desto höher fällt auch die Förderung aus. Dies macht die Effizienzhaus-Förderung zu einem attraktiven Programm für Eigentümer und Bauherren, die sowohl ihre Energiekosten senken als auch die Umwelt entlasten möchten.
Die verschiedenen Effizienzhaus-Standards und ihre Anforderungen
Die Effizienzhaus-Standards haben sich über die Jahre verändert. Das frühere Effizienzhaus 100 gibt es heute gar nicht mehr, da die Anforderungen an die Energieeffizienz kontinuierlich gestiegen sind. Die Einstiegsvariante ist nun das Effizienzhaus 85. Hierfür kann ein Zuschuss von maximal 10 Prozent der förderfähigen Kosten oder bis zu 15.000 Euro pro Wohneinheit beantragt werden. Je besser die Effizienz, desto höher die Förderung: Das Effizienzhaus 40 etwa bietet eine Unterstützung von 20 bis 25 Prozent, was maximal 37.500 Euro pro Wohneinheit bedeutet. Mit zusätzlichen Boni, wie etwa dem EE-Bonus, lässt sich der Zuschuss sogar auf bis zu 42.000 Euro pro Wohneinheit steigern.
In diesem Text möchte ich jedoch weniger auf die Höhe der Förderungen eingehen, sondern vielmehr darauf, welche Effizienzhaus-Standards in der Praxis tatsächlich realistisch erreicht werden können. Diese Frage ist nicht nur entscheidend für den Umfang der Förderung, sondern auch für die Planbarkeit eines Bauvorhabens.
Was ist grundsätzlich machbar?
Grundsätzlich ist es möglich, aus fast jedem Gebäude ein Effizienzhaus zu machen – zumindest ein Effizienzhaus 85. Dieses ist der Einstieg in die Welt der Effizienzhäuser und stellt die „schlechteste“ Variante dar, die noch gefördert wird. Im Vergleich dazu ist ein Effizienzhaus 75 etwa 15 Prozent effizienter. Das Effizienzhaus 55 wiederum entspricht grob dem heutigen Standard eines Neubaus, während das Effizienzhaus 40 sogar 15 Prozent besser als der aktuelle Neubau-Standard ist.
Die Frage, welcher Standard im Einzelfall erreicht werden kann, hängt von vielen Faktoren ab, die ich im Folgenden erläutern möchte.
Wie findet man heraus, welcher Effizienzhaus-Standard erreichbar ist?
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Dennoch lassen sich einige Anhaltspunkte nennen, die bei der Einschätzung helfen können. Um festzustellen, welcher Standard für ein bestimmtes Gebäude realistisch ist, muss zunächst ein Energieberater hinzugezogen werden. Dieser erstellt ein theoretisches Modell des Hauses. Dabei werden alle thermischen Hüllflächen des Gebäudes sowie deren Wärmeschutzeigenschaften (die sogenannten U-Werte) detailliert erfasst. Auch die Luftdichtheit, Wärmebrücken, die Heiztechnik und mögliche Kühlanlagen werden in die Berechnung einbezogen.
Um ein Gebäude als Effizienzhaus auszuweisen, müssen zwei zentrale Anforderungen erfüllt werden:
- Primärenergetische Gesamtenergieeffizienz
Dieser Wert umfasst alle energetisch relevanten Aspekte, darunter den Wärmeschutz, die Effizienz der Anlagentechnik und auch die Verluste, die bei der Energieumwandlung und -verteilung entstehen. Selbst die Art des Brennstoffs (z. B. Holz, Strom, Gas oder Öl) fließt in diese Bewertung ein. - Baulicher Wärmeschutz
Diese Nebenanforderung bezieht sich rein auf die Qualität des Wärmeschutzes der Gebäudehülle.
Der bauliche Wärmeschutz wird bewusst separat betrachtet, da sonst ein Effizienzhaus-Standard allein durch die Wahl einer sehr effizienten Heiztechnik erreicht werden könnte. Ohne Mindestanforderungen an die Dämmung könnte der bauliche Wärmeschutz vernachlässigt werden. Um dies zu vermeiden, gibt es klare Grenzen, die beim Wärmeschutz einzuhalten sind.
Wärmeschutzanforderungen bei Altbausanierungen
Die Anforderungen für ein Effizienzhaus 85 sind in der Altbausanierung vergleichsweise einfach umzusetzen. Mit den üblichen Sanierungsmaßnahmen, die heute zum Standard gehören – wie Dach-, Wand- und Kellerdämmung sowie der Austausch von Fenstern und Heizungen –, ist dieser Standard gut erreichbar, sofern keine größeren Hindernisse vorliegen.
Ein Effizienzhaus 70 erfordert bereits etwas mehr Aufwand. Hier müssen zusätzliche Dämmmaßnahmen durchgeführt werden, und die Wärmeverluste durch Wärmebrücken dürfen nicht zu groß sein.
Noch anspruchsvoller wird es bei den Standards Effizienzhaus 55 und 40. Diese sind in der Altbausanierung selten erreichbar. Einer der Hauptgründe sind die baulichen Gegebenheiten von Altbauten. Beispielsweise sind die erforderlichen Dämmstärken oft schwer umsetzbar, da sie entweder den Charakter des Gebäudes verändern oder aufgrund technischer Einschränkungen nicht realisierbar sind. Auch Wärmebrücken, die bei Altbauten nahezu unvermeidlich sind, erschweren das Erreichen dieser hohen Standards.
Wärmebrücken müssen in die energetische Bilanzierung einbezogen werden und können einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtbewertung haben. Da Neubauten von Grund auf so geplant werden können, dass Wärmebrücken minimiert werden, haben sie hier einen entscheidenden Vorteil gegenüber Altbauten.
Zusammenfassung der Wärmeschutzanforderungen
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Ein Effizienzhaus 85 ist in der Altbausanierung fast immer erreichbar, solange alle relevanten Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.
- Ein Effizienzhaus 70 ist unter günstigen Bedingungen ebenfalls realisierbar, erfordert jedoch zusätzliche Anstrengungen.
- Ein Effizienzhaus 55 bleibt in der Altbausanierung eher die Ausnahme und ist nur in speziellen Fällen möglich.
- Alles, was über das Effizienzhaus 55 hinausgeht, wie etwa ein Effizienzhaus 40 oder 40 NH/EE, ist nahezu ausschließlich im Neubau realistisch und für Altbauten kaum umsetzbar.
Die Wahl des richtigen Standards hängt daher maßgeblich von den individuellen Gegebenheiten des Gebäudes ab. Eine fundierte Beratung durch einen Energieexperten ist unerlässlich, um die Möglichkeiten realistisch einzuschätzen und die passenden Maßnahmen zu planen.
Primärenergetische Gesamtenergieeffizienz und Anlagentechnik
Die primärenergetische Gesamtenergieeffizienz ist die zentrale Hauptanforderung, die neben dem Wärmeschutz auch die Anlagentechnik eines Gebäudes berücksichtigt. Um dies besser zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass unterschiedliche Wärme-Erzeugungsarten und Brennstoffe primärenergetisch sehr unterschiedlich bewertet werden. Werden die Effizienz von Wärmeversorgungssystemen – inklusive der Nutzung von Umweltwärme – und die primärenergetische Bewertung der verwendeten Brennstoffe gemeinsam betrachtet, ergibt sich folgende Bewertungsreihenfolge:
- Sonnenenergie: Sonnenenergie erzielt logischerweise die besten Ergebnisse, da sie abgesehen von minimalem Pumpstrom keinen zusätzlichen Brennstoff benötigt.
- Wärmepumpen: Je nach Typ und Effizienzgrad erreichen Wärmepumpen ebenfalls eine hervorragende Bewertung.
- Biomasseheizungen: Insbesondere Pelletheizungen schneiden hier gut ab.
Die Verwendung dieser Technologien stellt in der Regel kein Hindernis dar, um die Effizienzhausstandards 85 oder sogar 70 zu erreichen.
Herausforderungen bei fossilen Brennstoffen
Sobald fossile Brennstoffe ins Spiel kommen, wird es deutlich schwieriger, hohe Effizienzstandards zu erreichen:
- Erdgas-Hybridheizungen: Systeme, die Erdgas mit anderen Technologien wie Wärmepumpen oder thermischen Solaranlagen kombinieren, schneiden relativ gut ab und ermöglichen in vielen Fällen die Erreichung eines Effizienzhausstandards.
- Erdgas- oder Heizölheizungen (alleinige Nutzung): Ohne zusätzliche Anlagenkomponenten, die die primärenergetische Bewertung verbessern, ist der Standard nur schwer erreichbar. Solche Komponenten könnten beispielsweise sein:
- Photovoltaikanlagen mit oder ohne Stromspeicher,
- Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung,
- oder thermische Solaranlagen.
Wie wird der Standard im Einzelfall ermittelt?
Welcher Effizienzhausstandard für ein bestimmtes Gebäude erreichbar ist, lässt sich nur durch eine individuelle Berechnung feststellen. Dabei entsteht die gesamtenergetische Bewertung aus dem Zusammenspiel von Wärmeschutz und Anlagentechnik.
Ein Beispiel:
- Ein Haus mit einem hohen Wärmeschutz könnte mit einer Gasheizung im Hybridbetrieb mit einer Wärmepumpe möglicherweise den Effizienzhausstandard 85 erreichen.
- Ein anderes Gebäude mit nur moderatem Wärmeschutz und derselben Anlagentechnik wird diesen Standard jedoch nicht erfüllen können.
Diese Beispiele verdeutlichen: Es gibt keine universellen Lösungen, die für alle Gebäude gleichermaßen gelten.
Zusammenfassung zur Effizienzhausförderung
Hier die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:
- Altbausanierungen: Über 95 % der sanierten Gebäude können die Standards Effizienzhaus 85 oder 70 erreichen.
- Wärmeschutz: Die üblichen Wärmeschutz- und Dämmstandards, wie sie heute angewendet werden, sind dafür meistens ausreichend.
- Anlagentechnik: Je besser die primärenergetische Bewertung der Technik, desto einfacher ist es, die Effizienzhausstandards zu erfüllen. Dabei gilt:
- Vorteilhaft: Wärmepumpen und Pelletheizungen, gegebenenfalls ergänzt durch Photovoltaikanlagen, Stromspeicher oder Lüftungssysteme, sind die optimale Wahl.
- Nachteilhaft: Fossile Brennstoffe allein reichen in den meisten Fällen nicht aus, um hohe Standards zu erreichen.
Abschluss und Empfehlung
Mit diesen Informationen solltet ihr eine erste Einschätzung gewinnen können, ob eine Effizienzhausförderung für euer Projekt möglich ist. Allerdings ist eine genaue Beurteilung nur mithilfe einer detaillierten Energiebilanz durch einen geschulten Energieeffizienzexperten möglich.
Wenn ihr eine Sanierung plant, prüft auch die Option, ob ein BAFA-Zuschuss für euer Vorhaben möglicherweise die bessere Wahl wäre. Diese Fördermöglichkeit kann insbesondere in Kombination mit anderen Maßnahmen äußerst attraktiv sein.