Eigentümer von Mehrfamilienhäusern sind verpflichtet, ihre Heizungsanlagen einer eingehenden Prüfung und Optimierung zu unterziehen. Dazu gehört auch die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs, der nun gesetzlich vorgeschrieben ist.
Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vom 16. Oktober 2023 hat der Gesetzgeber nicht nur die kontrovers diskutierte Anforderung eingeführt, dass neu installierte Heizungssysteme zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Darüber hinaus wurde mit § 60c GEG eine verpflichtende Maßnahme zum hydraulischen Abgleich für neu installierte Heizsysteme festgelegt. Diese Vorschrift tritt am 1. Oktober 2024 in Kraft.
Der § 60c GEG ersetzt die bisherige Regelung zur Verpflichtung des hydraulischen Abgleichs aus § 3 der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV). Die EnSimiMaV wurde als Teil eines Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Sicherung der nationalen Energieversorgung in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine erlassen und läuft am 30. September 2024 aus.
Hydraulischer Abgleich als technische Optimierungsmaßnahme
Beim hydraulischen Abgleich wird der individuelle Wärmebedarf der Wohnräume berechnet, um eine effiziente Beheizung sicherzustellen. Falls erforderlich, werden die Wassermenge innerhalb der Heizungsanlage sowie die optimale Vorlauftemperatur angepasst. Darüber hinaus werden die Pumpenleistung und die Strömungswiderstände im Heizkreislauf berechnet, um zu gewährleisten, dass die Umwälzpumpe exakt die benötigte Wassermenge zu den Heizkörpern und wieder zurückführt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Räume gleichmäßig beheizt werden.
Durch die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs kann der Energieverbrauch um bis zu 15 % reduziert werden.
Der hydraulische Abgleich stellt eine technische Maßnahme zur Verbesserung der Energieeffizienz dar. Sein Zweck besteht darin, innerhalb eines verzweigten Rohrleitungssystems eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Heizungswassers sicherzustellen. In der Regel versorgt eine Heizungsanlage mehrere Räume oder sogar verschiedene Heizkreise mit Wärme. Dabei entstehen aufgrund unterschiedlicher Leitungslängen variierende Strömungswiderstände, die den Fluss des Heizwassers beeinflussen.
Im Rahmen eines hydraulischen Abgleichs werden diese Widerstände durch den Einbau oder die Anpassung von Regulierungsventilen, voreinstellbaren Thermostatventilen, voreinstellbaren Rücklaufverschraubungen, Differenzdruckregelungen oder Durchflussbegrenzern so ausgeglichen, dass jeder Heizkörper genau die benötigte Menge an Heizwasser erhält, um die gewünschte Wärmeleistung zu erreichen.

Anwendbarkeit des hydraulischen Abgleichs
Mit der Einführung des § 60c GEG hat der Gesetzgeber auf Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung reagiert. Die rechtliche Verpflichtung zur Durchführung eines hydraulischen Abgleichs bezieht sich nun ausschließlich auf den Einbau neuer Heizsysteme und nicht mehr auf bestehende Anlagen. Diese Änderung wurde vorgenommen, um der eingeschränkten Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte gerecht zu werden und eine effektive Umsetzbarkeit der Maßnahme sicherzustellen. Die neue Regelung tritt zum 1. Oktober 2024 in Kraft und ersetzt damit die bisher gültige EnSimiMaV.
Verpflichtungen nach § 60c GEG
Gemäß § 60c GEG müssen Heizungssysteme, die Wasser als Wärmeträger nutzen, nach dem Einbau oder der Aufstellung einer neuen Heizungsanlage einem hydraulischen Abgleich unterzogen werden. Diese Verpflichtung gilt für Gebäude mit mindestens sechs Wohneinheiten oder vergleichbaren Nutzungseinheiten und dient der effizienten Wärmeverteilung.
Im Gegensatz zur bisherigen Regelung nach § 3 EnSimiMaV wurde die Pflicht nicht mehr auf bestimmte Brennstoffe beschränkt. Stattdessen erstreckt sich die Anforderung brennstoffunabhängig auf alle neuen Heizsysteme, um eine breitere Einsparung von Energieträgern wie Heizöl oder Holz zu ermöglichen.
Ein weiteres Kriterium für die Anwendbarkeit von § 60c GEG ist die Anzahl der Wohneinheiten. Wie bereits in § 3 EnSimiMaV festgelegt, muss ein Gebäude mindestens sechs Einheiten umfassen, um unter die Vorschrift zu fallen. Hintergrund dieser Schwelle ist, dass sich der wirtschaftliche Nutzen des hydraulischen Abgleichs mit zunehmender Gebäudestruktur verbessert. Eine enge Auslegung könnte jedoch dazu führen, dass auch kleinere Gebäudestrukturen mit mehreren autarken Heizungssystemen unter diese Regelung fallen, was nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht. Um diesen Fall zu vermeiden, kann der Anwendungsbereich auf Gebäude beschränkt werden, in denen mindestens sechs Einheiten an ein gemeinsames Zentralheizungssystem angeschlossen sind.
Die Pflicht zur Durchführung des hydraulischen Abgleichs greift ausschließlich nach der Neuinstallation einer Heizungsanlage und ist als einmalige Maßnahme vorgesehen. Eine erneute Verpflichtung nach späteren Anpassungen oder Modernisierungen eines bereits abgeglichenen Systems entfällt. Die Gesetzesbegründung bestätigt diese Auslegung, indem sie ausdrücklich von „Neuanlagen“ als betroffene Systeme spricht.
Zeitlich gesehen betrifft § 60c GEG nur Heizungsanlagen, die nach dem Stichtag der Inkraftsetzung installiert wurden. Eine rückwirkende Anwendung auf bereits bestehende Systeme wäre nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbar, zumal Heizungsanlagen, die vor dem 15. September 2024 in Betrieb genommen wurden, bereits unter die Regelungen von § 3 EnSimiMaV fielen. Fälle, in denen ein hydraulischer Abgleich nach der vorherigen Verordnung nicht umgesetzt werden konnte, fallen ebenfalls nicht unter eine erneute Verpflichtung.
Detaillierte Anforderungen des hydraulischen Abgleichs
§ 60c Abs. 2 GEG definiert die konkreten Maßnahmen zur Planung und Durchführung. Dazu zählen:
- Eine raumweise Heizlastberechnung,
- Die Überprüfung und gegebenenfalls Optimierung der Heizflächen für eine möglichst niedrige Vorlauftemperatur,
- Die entsprechende Anpassung der Vorlauftemperaturregelung.
Ergänzend dazu schreibt § 60c Abs. 3 GEG vor, dass der hydraulische Abgleich nach dem Verfahren B der ZVSHK-VdZ-VDMA-Fachregel „Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand“ erfolgen muss. Alternativ sind gleichwertige Verfahren zulässig, sofern sie durch eine Prüfstelle zertifiziert wurden und eine vergleichbare Qualität gewährleisten. Dies schließt auch digitale Verfahren zur Optimierung ein. Die Durchführung sollte grundsätzlich erst nach der Dämmung des Gebäudes erfolgen, da sich die Wärmeverteilung dadurch signifikant verändern kann.
§ 60c Abs. 4 GEG legt fest, dass eine schriftliche Bestätigung des hydraulischen Abgleichs erforderlich ist. Diese muss relevante Einstellungswerte wie die Heizlast, die Leistung der Wärmeerzeuger, die Auslegungstemperaturen sowie die Druckeinstellungen enthalten. Das Dokument dient als Nachweis für die zuständigen Behörden. Für Mietwohnungen besteht zusätzlich die Verpflichtung, dem Mieter auf Anfrage unverzüglich Einsicht in die Ergebnisse zu gewähren, um Transparenz über die Optimierung der Heizungsanlage zu schaffen – eine Informationspflicht, die in § 3 EnSimiMaV noch nicht vorgesehen war.
Wer ist verpflichtet zur Durchführung des Abgleichs?
Die Regelung in § 60c GEG verpflichtet Eigentümer von Gebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten oder anderen eigenständigen Nutzungseinheiten zur Durchführung eines hydraulischen Abgleichs, sofern eine neue Heizungsanlage installiert oder aufgestellt wird.
Im Unterschied zur bisherigen Regelung nach § 3 EnSimiMaV trifft diese Verpflichtung nicht den bloßen Betreiber einer Heizungsanlage, beispielsweise einen beauftragten Contractor. Obwohl sich § 60c GEG im Abschnitt der „Betreiberpflichten“ des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) befindet, wird hier ausdrücklich nicht der Betreiber als Verpflichteter benannt. Während andere Bestimmungen im gleichen Abschnitt, wie § 58 bis § 60 GEG sowie § 71f und § 71g GEG, explizit auf den Betreiber als Adressaten der Pflicht verweisen, bleibt eine solche Benennung in § 60c GEG aus.
Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass allein der Eigentümer des Gebäudes für die Erfüllung dieser Pflicht verantwortlich ist. Diese Auslegung folgt der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 GEG, wonach entweder der Bauherr oder der Eigentümer für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zuständig ist, sofern das Gesetz keinen anderen Verantwortlichen explizit nennt. Da § 60c GEG eine solche ausdrückliche Zuweisung an den Betreiber nicht enthält, bleibt die Verantwortung für die Umsetzung des hydraulischen Abgleichs eindeutig beim Eigentümer des Gebäudes.
Behördliche Durchsetzung
Mit § 60c GEG hat der Gesetzgeber verbindliche Regelungen zur Durchsetzung des hydraulischen Abgleichs geschaffen. Die zuständigen Behörden können gemäß § 95 GEG die Einhaltung der Vorschrift per Verwaltungsakt anordnen. Da die Verpflichtung unbefristet besteht, gibt es keine zeitlichen Einschränkungen für behördliche Maßnahmen.
Bei Missachtung der Pflicht drohen Sanktionen. Nach § 108 Abs. 1 Nr. 7 GEG kann bei vorsätzlichem oder leichtfertigem Handeln ein Bußgeld verhängt werden. Gemäß § 108 Abs. 2 Nr. 3 a) GEG kann dieses Bußgeld bis zu 5.000 Euro betragen. Durch diese Maßnahmen wird sichergestellt, dass der hydraulische Abgleich konsequent umgesetzt wird.
Einen weiterführenden Artikel zu den Kosten und Umlagemöglichkeiten finden Sie hier.
Fördermöglichkeiten für den hydraulischen Abgleich
Staatliche Förderungen sind nur dann verfügbar, wenn die Maßnahme nicht unter eine gesetzliche Verpflichtung fällt. Seit dem 1. Oktober 2022, mit Inkrafttreten der EnSimiMaV, wird die Förderung auf bestehende Gebäude mit maximal fünf Wohneinheiten beschränkt.
Anspruchsberechtigte können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Förderung im Rahmen des Programms „Heizungsoptimierung“ beantragen. Die Förderung beträgt 15 % der Kosten und kann auf 20 % erhöht werden, wenn die Maßnahmen Teil eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) sind.
Für größere Wohngebäude bietet sich eine alternative Finanzierungsmöglichkeit über das KfW-Programm 261 an. Hier kann der hydraulische Abgleich als Bestandteil einer Sanierung zum Effizienzhaus gefördert werden. Eigentümer oder Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) können diesen Kredit für energetische Sanierungsmaßnahmen beantragen. Alternativ können die Kosten im Rahmen der aktuellen Heizungsförderung kfW 458/489 bezuschusst werden.
Wortlaut des § 60c des Gebäudeenergiegesetzes (GEG):
“ § 60c Hydraulischer Abgleich und weitere Maßnahmen zur Heizungsoptimierung
(1) Ein Heizungssystem mit Wasser als Wärmeträger ist nach dem Einbau oder der Aufstellung einer Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme in Gebäuden mit mindestens sechs Wohnungen oder sonstigen selbständigen Nutzungseinheiten hydraulisch abzugleichen.
(2) Die Durchführung des hydraulischen Abgleichs im Sinne dieser Regelung beinhaltet unter Berücksichtigung aller wesentlichen Komponenten des Heizungssystems mindestens folgende Planungs- und Umsetzungsleistungen:
- eine raumweise Heizlastberechnung,
- eine Prüfung und nötigenfalls eine Optimierung der Heizflächen im Hinblick auf eine möglichst niedrige Vorlauftemperatur und
- die Anpassung der Vorlauftemperaturregelung.
Für die raumweise Heizlastberechnung ist das in der DIN EN 12831, Teil 1, Ausgabe September 2017, in Verbindung mit DIN/TS 12831, Teil 1, Ausgabe April 2020, vorgesehene Verfahren anzuwenden.
(3) Der hydraulische Abgleich ist nach Maßgabe des Verfahrens B nach der ZVSHK-Fachregel „Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand“, VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e. V., 1. aktualisierte Neuauflage April 2022, Nummer 4.2. oder nach einem gleichwertigen Verfahren durchzuführen.
(4) Die Bestätigung des hydraulischen Abgleichs ist einschließlich der Einstellungswerte, der Heizlast des Gebäudes, der eingestellten Leistung der Wärmeerzeuger und der raumweisen Heizlastberechnung, der Auslegungstemperatur, der Einstellung der Regelung und des Drückens im Ausdehnungsgefäß schriftlich festzuhalten und dem Verantwortlichen mitzuteilen. Die Bestätigung nach Satz 1 ist auf Verlangen dem Mieter unverzüglich vorzulegen. § 60a Absatz 5 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.“
Den vollständigen Gesetzestext finden Sie unter: Gesetze-im-internet.de
Quelle: https://datenbank.mietgerichtstag.de/assets/Materialien/Schuldt-Hydraulischer-Abgleich-nach-60c-GEG-NZM.pdf